Die Ärztekammer

Die heute bestehenden Standesvertretungen der in Österreich tätigen Ärzt:innen hatten ihren Ursprung letztlich in einem Gesetzesbeschluss des Herrenhauses, dem Oberhaus des k.u.k. Reichsrates, vom 25. November 1891. Einen Monat später wurde diese Entscheidung im „Gesetz vom 22. December [!] 1891“ durch die „allerhöchste Sanktion“ Kaiser Franz-Josephs I. bestätigt. Damit wurden „zum Zwecke der Vertretung des ärztlichen Standes „Ärztekammern“ errichtet“, bei denen sich „jeder zur Ausübung der ärztlichen Praxis berechtigte Arzt […] anzumelden (hat)“. Vorangegangen sind diesem Beschluss die Bemühungen zahlreicher ab der Mitte des 19. Jahrhunderts entstandenen Ärztevereine um eine offizielle und gesetzlich verankerte Standesvertretung. Besonders zu erwähnen ist dabei die vom „Ersten Österreichischen Ärzte-Vereinstag“ 1873 verabschiedete, entsprechende Petition an das Abgeordnetenhaus, dem Unterhaus des Reichsrates.

Entsprechend feierte die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) 1991 ihr 100-jähriges Bestehen mit einem Festakt und einer entsprechenden Sondernummer der Österreichischen Ärztezeitung. Vor wenigen Jahren beging die ÖÄK ihren 125. Geburtstag, für dieses Jubiläum wurden allerdings weder Festakt noch -schrift realisiert. Zumindest die Wiener Ärztekammer lud zu einer Feier und publizierte in den Mitteilungen der Ärztekammer für Wien einen medizin- bzw. standeshistorischen Artikel als Coverstory.

Neben der ÖÄK, also der Ärztekammer auf Bundesebene, gibt es noch neun Landesärztekammern. Jede dieser gesamt also zehn Einrichtungen ist unterteilt in eine Kurie der angestellten und der niedergelassenen Ärzt:innen. Während erstere sich aus der Sektion der in Ausbildung Stehenden und der zur selbstständigen Berufsausübung Berechtigten zusammensetzt, gibt es in der Kurie der Niedergelassenen zu einem die Sektion der Fachärzt:innen und zum anderen jene der Allgemeinmediziner:innen. Mehrmals pro Jahr finden eigenständige Kurien- und auch gemeinsame Sitzungen, sog Vollversammlungen, statt. Zudem gibt es zahlreiche Ausschüsse, Referate und Kommissionen, die sich bestimmten Themen widmen. Ein weiteres sehr wichtiges Gremium ist der sog. Vorstand, welcher sich aus einzelnen Mitgliedern der Vollversammlung zusammensetzt und sich monatlich trifft, um manche Dinge direkt und schnell zu entscheiden, und andere Angelegenheiten für die Kurien- oder Vollversammlung vorzubereiten. Zum Vorstand gehören natürlich der/die Präsident:in und die Leiter:innen der beiden Kurien, die sog. Kurienobmänner oder -frauen. Aktuell ist Dr. Stefan Kastner Präsident der Tiroler Ärztekammer, Dr. Daniel von Langen Kurienobmann der Angestellten, und Dr. Momen Radi Kurienobmann der Niedergelassenen.

Alle fünf Jahre finden Wahlen statt, für welche alle in der Ärzt:innenliste gemeldeten Mediziner:innen wahlberechtigt sind (immerhin sind auch alle Ärzt:innen Pflichtmitglieder der Ärztekammern). Es gibt wie auch sonst bei Wahlen einige Fraktionen, die im Vorfeld der Wahlen Personenlisten mit Wahlvorschlägen erstellen und publizieren. Die letzte Wahl hat im Februar 2022 stattgefunden. Natürlich abhängig vom jeweiligen Wahlergebnis in den einzelnen Sektionen, wird man zunächst einmal Mitglied der Voll- bzw. der entsprechenden Kurienversammlung, mit Titel „Kammerrat“. Davon ausgehend wird fraktionsintern bestimmt, wer für welche weiteren Gremien bestimmt ist bzw. wird. Dies sind je nach zeitlichen Ressourcen und Interesse oftmals gleich mehrere Dinge gleichzeitig. Ich bin beispielsweise seit den Wahlen 2017 Mitglied der Vollversammlung, der Kurie der angestellten Ärzt:innen, im Ausbildungsausschuss, im Redaktionskollegium, und Gründer sowie Leiter des Referates für Medizingeschichte. Und seit dem Februar 2022 darf ich mich zudem noch als Mitglied im Vorstand, und den Referaten für Hochschulwesen und klinische Prüfungen engagieren.

Die Tiroler Ärztekammer vertritt 4520 in Tirol gemeldete Mediziner:innen, davon 1464 Niedergelassene, 2762 Angestellte und 294 Wohnsitzärzt:innen. Die Ziele und Aufgaben der Ärztekammer sind mannigfaltig, im Folgenden soll der Fokus auf die Tiroler Ärztekammer gelegt werden, welche diese Fragen übersichtlich auf ihrer Homepage adressiert. Entsprechend unterstützt die ÄK bei Fragen der Berufswahl, Ausbildung, Arbeits- und Dienstrechts, Berufsrechts, ärztlichen Haftung, Versicherungsangelegenheiten, Niederlassungsplanung, Wahlarzt- und Kassenwesens, und der Pensionsplanung. Zudem verhandelt die ÄK mit Dienstgebern, Gewerkschaften, Bund, Land und Gemeinden, Sozial- und Privatversicherungen, und vertritt die in Tirol tätigen Mediziner:innen gegenüber Krankenkassen, Dienstgebern und Behörden. Die ÄK organisiert Kongresse, Seminare, Fortbildungsveranstaltungen, standespolitische Treffen, Diskussionsveranstaltungen, Enqueten, Ehrungen und Ausstellungen. Die Ärztekammer sorgt für ihre Mitglieder vor, durch Krankenunterstützung, erhöhte freiwillige Krankenversicherung, Altersversorgung, Invaliditätsversorgung, Witwen-/Witwerversorgung, Waisenversorgung, Kinderunterstützung, Todesfallbeihilfe und Versicherungsrahmenverträge.

Kurzum: Die Ärztekammer dient als Plattform der Vernetzung der in Österreich tätigen Mediziner:innen und erfüllt zahlreiche Aufgaben im Sinne ihrer Mitglieder.


Christian Lechner, MJ 2006

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