Neue Ansätze zur Vermögensverwaltung in der Kirche

„Ich suche ja nicht euer Geld, sondern euch!“ (2 Kor 12,14)

Seitdem es christliche Gemeinden gibt, suchen die Gläubigen eine Antwort auf die Frage, wie die Kirche mit Vermögen umzugehen hat.

Für die Gegenwart beantwortet diese Frage der Codex Iuris Canonici (CIC), die Basis des Kirchenrechts. Die juristischen Personen des kirchlichen Rechts dürfen demnach Vermögen zur Verwirklichung ihrer Zwecke erwerben, besitzen, verwalten und auch veräußern. Die Zwecke sind – wenn auch nicht taxativ aufgezählt – so doch klar vorgegeben. Zulässige Zwecke sind jedenfalls die geordnete Durchführung des Gottesdienstes, die Sicherstellung des Unterhalts des Klerus, das Apostolat und die Ausübung der Werke der Caritas, vor allem gegenüber den Armen.

Die verantwortlichen Kirchenvermögensverwalter werden in ihrer Tätigkeit am objektiven Sorgfaltsmaßstab des „guten Hausvaters“ gemessen. Der Mindestumfang dieses Sorgfaltsmaßstabes wurde bereits 1984 mit Versicherungspflicht, Einhaltung der Gesetze, Einforderung von Einkünften und rechtmäßige Verwendung von Vermögen, Veranlagungsgebot, Buchführungsgebot und Reportingverpflichtungen gegenüber den Oberen festgelegt.

Mit den Richtlinien für die Verwaltung der kirchlichen Güter der Institute des geweihten Lebens und der Gesellschaften apostolischen Lebens („VA-RL“) aus dem Jahr 2014 und den klarstellenden Orientierungshilfen aus dem Jahr 2018, wurde erstmals durch ein vatikanisches Dikasterium eine mögliche Interpretation des CIC in wesentlichen Stellen zum Kirchenvermögen, und eben auch im Verständnis des guten Hausvaters, für das bereits fortgeschrittene 21ste Jahrhundert erstellt.

Die Neuerungen stellen durchwegs keinen Bruch mit der bisherigen Tradition der Vermögensverwaltung dar, sondern implementieren nur Praktiken, die in der Betriebswirtschaft bereits seit mehreren Jahrzehnten angewendet werden. Die wesentlichste Anpassung ist dabei wohl die Verschiebung des Fokus von der Vergangenheit, und der damit verbundenen Dokumentation, auf die Zukunft, und die damit verbundene Planung.

Kirchenvermögensverwaltung im Sinne der Richtlinien und damit „state-of-the-art“ kann nur durch weise Voraussicht und unter Bedacht auf das bestehende Charisma der jeweiligen Institution erfolgen. Sie darf weder zu einem zweck-widersprechenden Anhäufen noch zu einem planlosen, die Organisation gefährdenden Verschleudern von Vermögen führen. Ganz konkret fordern die Richtlinien: Strategieprozesse, Budgets, Mehrjahrespläne, Haushaltspläne für Werke und die Institution als Ganzes, Überwachungssysteme und einen Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit.

Die Diözesen im deutschsprachigen Raum haben die meisten dieser Konzepte und Werkzeuge bereits seit vielen Jahren umgesetzt. Die Verankerung des Themas Nachhaltigkeit im Bereich der Veranlagung stellte aber bis vor einigen Jahren eine Herausforderung dar. Mit der Richtlinie zur ethischen Veranlagung („Finanko-Richtlinie“), die 2017 von der österreichischen Bischofskonferenz verabschiedet wurde, konnte dieses Problem weitgehend gelöst werden und die Kirche war in diesem Bereich Wegbereiter für die Möglichkeit der ethischen Veranlagung auch für Private. Dass es sich dabei nicht nur um Lippenbekenntnisse handelt, zeigte zuletzt die 2019 in Übereinstimmung mit der Enzyklika laudato si vorgenommene Änderung, wonach ein Ausstieg aus der Veranlagung in Öl-, Kohle- und Gas-Unternehmen vorzunehmen ist.

Zusammenfassend zeigt die Arbeit des Dikasteriums, wie auch die Arbeit der Bischofskonferenz, dass die Kirche ihren Umgang mit Vermögen an den eigenen Zwecken und in allen Phasen auch am eigenen Wertsystem ausrichten muss. Im Zentrum der Überlegungen von Diözesen und Pfarren müssen die Gläubigen stehen und es darf nie vergessen werden, dass Vermögen nur Mittel zur Zweckerreichung und niemals Selbstzweck sein darf.

Die Gläubigen in Österreich können darauf vertrauen, dass die zur Verfügung gestellten Mittel bestmöglich verwendet werden. Die Verantwortlichen in Diözesen und Orden haben den Auftrag von Papst Franziskus, die jeweils anvertrauten Ressourcen verantwortungsvoll zu nutzen.


Mag. Dr. Rainer Kirchmair (im Paulinum 1987 – 1991)
Finanzkammerdirektor und Ökonom Diözese Innsbruck

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