Studieren in Südfrankreich - Ein Erfahrungsbericht zum Auslandssemester in Aix-en-Provence

Haben Sie schon einmal etwas über ein gewisses Förderprogramm der Europäischen Union namens ERASMUS gehört? Dieses Austauschprogramm ermöglicht es Studierenden, mehr oder weniger unkompliziert, einen mehrmonatigen Auslandsaufenthalt an einer Universität innerhalb der EU zu absolvieren. Selbstverständlich wird in einem Sprachenstudium laufend auf diese Möglichkeit hingewiesen; und so habe auch ich es gewagt, meine Heimatuniversität Innsbruck für ein Semester zu verlassen. Nach der Bekanntgabe aller Partneruniversitäten fiel die Wahl schnell auf Aix-en-Provence, die wohl schönste Stadt Südfrankreichs. Dass mir diese Entscheidung so leichtfiel, verdanke ich meiner ehemaligen Französischprofessorin, welche uns, im Zuge der damaligen Frankreichreise in der 7. Klasse, eine ganze Woche lang die Gegend rund um die südfranzösische Region Provence-Alpes-Côte d'Azur zeigte. Fasziniert von dieser Reise, freute ich mich darauf, in den Süden Frankreichs zurückzukehren und dort ein paar aufregende und lehrreiche Monate zu erleben.

In Aix-en-Provence angekommen, machte ich sogleich die Erfahrung, dass das Leben in (Süd)Frankreich sehr gemütlich vonstattengeht und man sich auch einmal auf Warten einstellen muss. Dies merkt man vor allem bei der Verwaltung, die sich sehr gerne ihre Zeit nimmt – eine Szene, die mir immer wieder im Umgang mit dieser eingefallen ist, war jene, in der Asterix und Obelix in „dem Haus, das Verrückte macht“ den Passierschein A38 abholen sollten. Gewisse Formalitäten – wie die Eröffnung eines französischen Kontos oder der Abschluss einer Versicherung – waren aber vorab nötig, um überhaupt ein Zimmer im Wohnheim zu bekommen; somit stellte der erste Tag in Aix eine regelrechte Challenge dar und ich war unheimlich froh um die vielen anderen Erasmusstudenten, denen es gleich erging. Nachdem die wichtigsten bürokratischen Dinge erledigt waren, bekam ich dann ein Zimmer zugewiesen; und ja, mit den dort standartmäßigen, kuscheligen 9m² schien es mir zunächst eher schwierig auszukommen. Doch die bezaubernde Aussicht vom Zimmer aus auf die von Cézanne so oft gemalte Montagne Sainte-Victoire machte alles wett und schon nach kurzer Zeit hatte ich mich an mein neues Zuhause gewöhnt.

An der Aix-Marseille Université wird man als Erasmusstudent sehr freundlich aufgenommen, bekommt eine Ansprechperson an der Universität, sowie – wenn man möchte – einen einheimischen Studenten als „buddy“ zugeteilt. Auch die Professoren selbst waren stets sehr bemüht und verständnisvoll, da es als Nicht-Muttersprachler deutlich schwerer war, den Kursinhalten zu folgen; vor allem – und das war für mich persönlich die größte Umstellung –, weil dort die Lehrveranstaltungen größtenteils drei bis vier Stunden dauerten. Die Professoren und Kommilitonen zeigten sich jedoch allgemein äußerst hilfsbereit und so konnten die Kurse gut gemeistert werden.

Neben dem Studium stand vor allem eines am Programm – die provenzalische Sonne zu genießen sowie Land und Leute kennenzulernen. Für Ausflüge lassen sich Aix und Umgebung sehr empfehlen, die Provence sorgt mit ihren rund 300 Sonnentagen auch für das notwendige Wetter. Einzig auf den starken Wind (den Mistral) muss man dort achten und sich dementsprechend einkleiden. Und so wurden nahezu wöchentlich Reisen organisiert; in die Nachbarsorte Marseille und Cassis mit ihren atemberaubenden Calanques sowie auch zu weiter entfernten Destinationen wie Nizza, Cannes, Saint-Tropez, Montpellier uvm. Das Schönste war aber immer wieder aufs Neue, Aix-en-Provence selbst zu erkunden; Aix als Stadt der Fontänen mit der Cours Mirabeau, der Rotonde, der Rue de la Verrerie, dem Forum des Cardeurs und und und. Diese Stadt lädt zum Träumen ein – wer schon einmal dort war, weiß, wovon ich spreche.

Auch wenn es zu Beginn teilweise recht chaotisch zuging, so überwiegen definitiv die positiven Erinnerungen und ich würde diese Erfahrung nicht missen wollen. Durch diesen Auslandsaufenthalt konnte nicht nur das vorvorrangige Ziel, die Sprachkenntnisse zu verbessern, erreicht werden, sondern es wurden auch viele neue Freundschaften mit Menschen aus ganz Europa geschlossen, welche die sonnige Zeit in Aix zu einer unvergesslichen machten.

Meine Begeisterung für diese wunderschöne Region hält bis heute an; sollte euch also nach der Krisenbewältigung das Reisefieber packen, dann kann ich euch diese südfranzösische Universitätsstadt und ihre malerische Umgebung nur wärmstens empfehlen.


Victoria Jeller, MJ 2013

 

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